Neue Klarheit durch OGH-Entscheid

Kündigung freier Dienstverhältnisse

Nach mehr als drei Jahren rechtlicher Uneinigkeit hat der Oberste Gerichtshof (OGH) nun endgültig entschieden: Die mit 1. Oktober 2021 eingeführte Neuregelung der Kündigungsfristen in § 1159 ABGB gilt nicht für freie Dienstverhältnisse. Mit seinem Erkenntnis vom 27. Februar 2025 (8 ObS 4/24g) hat das Höchstgericht eine wichtige Zweifelsfrage für die Praxis geklärt.
   

Ausgangspunkt: Insolvenzfall bringt Rechtsfrage an die Oberfläche

Im Anlassfall begehrte ein freier Dienstnehmer nach Beendigung seines Vertrags im Zuge der Insolvenz des Auftraggebers Insolvenz-Entgelt für eine Kündigungsentschädigung. Er stützte sich dabei auf die neue gesetzliche Kündigungsregelung für Arbeiter:innen, die abhängig von der Dienstzeit eine Kündigungsfrist zwischen sechs Wochen und fünf Monaten sowie das Quartalsende als Kündigungstermin vorsieht.
Der OGH lehnte jedoch eine Anwendung dieser Bestimmung auf freie Dienstverhältnisse klar ab.
   

Begründung des OGH: Keine Erweiterung des Geltungsbereichs

In seiner Entscheidung stellte das Höchstgericht unter anderem folgende Grundsätze klar:
  • Die Gesetzesänderung aus dem Jahr 2021 zielte ausschließlich auf eine Gleichstellung von Arbeiter:innen und Angestellten im Bereich der Kündigungsfristen ab. Es wurde keine allgemeingültige Regelung für sämtliche Vertragsarten geschaffen.
  • Eine analoge Anwendung auf freie Dienstverhältnisse kommt nicht in Betracht, da diese nicht in einem persönlich und wirtschaftlich abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Der Schutzgedanke arbeitsrechtlicher Normen greift daher nicht automatisch.
  • Im konkreten Streitfall war im Vertrag eine Kündigungsfrist von vier Wochen vorgesehen. Der OGH erkannte diese als weder überraschend noch unangemessen an – und somit als rechtlich wirksam.
   

Bedeutung für die Vertragspraxis

Die Entscheidung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Gestaltung und Handhabung freier Dienstverträge. Denn nun steht fest:
  • Die Kündigungsregelungen des § 1159 ABGB (neue Fassung) finden keine Anwendung auf freie Dienstverhältnisse.
  • Vertragliche Vereinbarungen zur Kündigung behalten zentrale Bedeutung – insbesondere zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit im Fall der Beendigung.
  • Wird im Vertrag keine Kündigungsfrist festgelegt, ist eine „angemessene Frist“ einzuhalten. In der Praxis kann hier ein Monat zum Monatsletzten als Orientierungswert herangezogen werden.
  

Empfehlung für Unternehmer:innen

Freie Dienstverhältnisse sollten künftig mit klar definierten Kündigungsregelungen ausgestattet werden. Dies erhöht nicht nur die Rechtssicherheit, sondern schützt beide Vertragsparteien vor unangenehmen Überraschungen bei der Vertragsauflösung.
Besonderes Augenmerk ist auf die formale Ausgestaltung der Kündigungsfristen im Vertragstext zu legen – im Idealfall schriftlich, konkret und beidseitig nachvollziehbar.


Stand: 06.05.2025
Quelle: Vorlagenportal
Foto: Cottonbro