Handlungsbedarf für Unternehmen

Neue Regelungen im Bereich der Dienstverträge

Die kürzlich in Kraft getretene Novelle zum Arbeitsvertragsrecht, die am 28. März 2024 wirksam wurde (BGBl. I Nr. 11/2024, veröffentlicht am 27. März 2024), führt die EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (die "Transparenz-Richtlinie") in das österreichische Rechtssystem ein. Diese Novelle erweitert insbesondere die Anforderungen an Dienstzettel inhaltlich. Obwohl Dienstzettel in der Praxis bereits in relativ wenigen Betrieben verwendet werden, müssen die gesetzlichen Vorgaben auch für schriftliche Dienstverträge beachtet werden. Zur besseren Dokumentation sind schriftliche Dienstverträge in der Regel gegenüber Dienstzetteln zu bevorzugen.
   
Es ist wichtig zu beachten, dass ab dem 28. März 2024 alle neu abgeschlossenen Dienstverträge sofort die neuen gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllen müssen.
Es gibt keine spezielle Übergangsfrist oder Vorlaufzeit. Bestehende Altverträge (vor diesem Datum abgeschlossene Dienstverträge) müssen jedoch nicht aktualisiert werden.
   

Ein Überblick

Gemäß § 2 Abs. 2 AVRAG müssen Dienstzettel bzw. schriftliche Dienstverträge für Angestellte und Arbeiter mindestens 15 Punkte enthalten. Bei Lehrverträgen müssen diese Punkte zusätzlich zu den nach dem Berufsausbildungsgesetz erforderlichen Inhalten beachtet werden. Die Auflistung umfasst
  1. in der linken Spalte die bisher (und weiterhin) erforderlichen Angaben und
  2. in der rechten Spalte die neu hinzugekommenen Pflichtangaben für Dienstverträge ab dem 28.03.2024.
Dienstzettel Mindestinhalte neu per 2024
Die verantwortlichen Stellen für die Erstellung von Dienstverträgen in einem Unternehmen (z. B. Personal-/HR-Abteilung, Rechtsabteilung) oder externe Berater (z. B. Rechtsanwalt, Steuerberater) sind aufgrund der erweiterten gesetzlichen Mindestanforderungen gefordert. Der zeitliche und administrative Aufwand für die Anpassung aller im Unternehmen verwendeten Musterdienstverträge an die neue Gesetzeslage sollte nicht unterschätzt werden.
   

Dienstzettel auch bei kurzen Befristungen und fallweisen Beschäftigten?

Ab sofort müssen unabhängig von der Dauer des Dienstverhältnisses Dienstzettel (bzw. schriftliche Dienstverträge) ausgestellt werden, auch bei Dienstverhältnissen, die kürzer als einen Monat befristet sind. Diese Änderung wird insbesondere bei fallweisen Beschäftigten (§ 33 Abs. 3 ASVG) eine besondere administrative Herausforderung darstellen und voraussichtlich zu Diskussionen in der Praxis führen.
   

Änderungen der Dienstzetteldaten

Gemäß § 2 Abs. 6 AVRAG muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jede Änderung der Mindestanforderungen im Dienstzettel unverzüglich, spätestens jedoch am Tag ihres Wirksamwerdens, schriftlich mitteilen (Änderungsdienstzettel), es sei denn, die Änderung ergibt sich aus
  1. einer Änderung von gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen, auf die verwiesen wurde, oder Änderungen, die das Grundgehalt bzw. den Grundlohn betreffen, oder
  2. einer dienstzeitabhängigen Beförderung in derselben Verwendungs-/Berufsgruppe des Kollektivvertrags (z. B. Biennalsprung).   
   

Sonderregelungen für spezielle Gruppen von Beschäftigten

  1. Freie Dienstnehmer: Auch für freie Dienstnehmer (gemäß § 4 Abs. 4 ASVG) erweitern sich ab dem 28.03.2024 die Pflichtangaben für die Dienstzettel (bzw. schriftlichen freien Dienstverträge). Zusätzlich zu den bereits erforderlichen Angaben sind künftig der Firmensitz, eine kurze Tätigkeitsbeschreibung, die Art der Entgeltauszahlung sowie Name und Anschrift des Sozialversicherungsträgers anzugeben.
  2. Auslandsentsendung: Wenn ein Arbeitnehmer länger als einen Monat im Ausland tätig ist, muss ihm vor seiner Abreise ein Dienstzettel (oder ein schriftlicher Vertrag) ausgehändigt werden, der zusätzlich zu den bisherigen Daten den ausländischen Tätigkeitsstaat, das im Tätigkeitsstaat geltende höhere Mindestentgelt, einen allfälligen Aufwandersatz und einen Hinweis auf die Website des Tätigkeitsstaates enthält.
  3. Überlassene Arbeitskräfte: Für die Grundvereinbarung, die mit einer zu überlassenden Arbeitskraft abzuschließen ist, sind zusätzliche Pflichtangaben erforderlich, die im Wesentlichen den zusätzlichen Mindestanforderungen gemäß § 2 Abs. 1 AVRAG entsprechen.
  4. Landarbeiter: Die Änderungen im Landarbeitsgesetz ähneln inhaltlich den Änderungen im AVRAG.
  5. Hausgehilfen und Hausangestellte: Auch im Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz gab es gesetzliche Anpassungen, die inhaltlich an die Änderungen im AVRAG angelehnt sind.
   

Folgen bei Nichtausstellung von Dienstzetteln bzw. schriftlichen Dienstverträgen

Das Unterlassen der Aushändigung eines Dienstzettels (oder eines schriftlichen Dienstvertrags) ist nun erstmals gesetzlich sanktioniert. Dem Arbeitgeber drohen Verwaltungsstrafen von € 100,00 bis € 436,00 und bei mehr als fünf betroffenen Arbeitnehmern oder wiederholter Übertretung zwischen € 500,00 und € 2.000,00. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist für die Verhängung von Verwaltungsstrafen zuständig, z. B. aufgrund einer Anzeige eines betroffenen Arbeitnehmers. Auch wenn mehrere Arbeitnehmer betroffen sind, handelt es sich nur um eine einzige Verwaltungsübertretung (keine "Pro-Kopf-Summierung").

Es besteht die Möglichkeit einer "tätigen Reue": Die Bezirksverwaltungsbehörde kann von der Verhängung einer Verwaltungsstrafe absehen, wenn der Arbeitgeber während des Verfahrens Dienstzettel nachträglich aushändigt und das Verschulden gering ist.
   

Weitere Änderungen im Arbeitsvertragsrecht

    
Aus-, Fort- und Weiterbildungen (§ 11b AVRAG)
Aus-, Fort- und Weiterbildungen, die gesetzlich als Voraussetzung für die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit gelten, müssen als Arbeitszeit behandelt werden, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Kosten (z. B. Kursgebühren) zu tragen.
   
Recht auf Mehrfachbeschäftigung (§ 2i AVRAG)
Arbeitnehmer haben gesetzlich einen Anspruch auf Aufnahme anderer Dienstverhältnisse. Der Arbeitgeber kann eine andere Beschäftigung jedoch im Einzelfall dann untersagen, wenn sie nachteilig für die Verwendung des Mitarbeiters ist, z. B. bei Konkurrenzierung (siehe insbesondere § 7 Angestelltengesetz, der unberührt bleibt), oder mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen unvereinbar ist, insbesondere bei Überschreitung der zulässigen Gesamthöchstarbeitszeit.
   
Strafen, Diskriminierungsverbot und Motivkündigungsschutz (§ 7, § 7a, § 15 AVRAG)
Es gilt einausdrückliches Verbot der Benachteiligung bzw. Diskriminierung und ein Schutz vor Kündigungen aus bestimmten Gründen. Arbeitnehmer, die ihre Rechte im Zusammenhang mit der Ausstellung des Dienstzettels, der Mehrfachbeschäftigung oder der Aus-, Fort- und Weiterbildung geltend machen, dürfen nicht benachteiligt werden. Wird eine Person gekündigt, weil sie die Ausstellung eines Dienstzettels oder eine zulässige Mehrfachbeschäftigung verlangt hat, kann sie die Kündigung vor Gericht anfechten. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, derartige Kündigungen auf Verlangen schriftlich zu begründen.

Stand: 28.03.2024
Quelle: Vorlagenportal
Bild: RDNE Stock Project